Fundstelle:
TLA Innsbruck, Gub. Präsidium Zl 1709 in Zl 1146/1847,
editiert bei: Gerald Kohl, Instruktionen zur Tiroler Forstregulierung von 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westöster-reich (2012) 539 ff.
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Instruction für die Commißion zur Ablösung der Servituten in den vorbehaltenen Staatswäldern Tirols.
Gemäß dritten Absatzes der mit Hofkammerpraesidial-Dekret vom 1. vM. Z. 112 und mit Hofkanzleidekret vom 11. d. M. Z. 12117 den Tiroler Landesbehörden eröffneten allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar dJ. geruhten Se. kk: Majestät allergnädigst anzubefehlen, daß in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern Tirols die Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge der Unterthanen, in so fern ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden sollen.
Nach Absatz 4. dieser allerhöchsten Entschließung ist zum Behufe der Ablösung dieser Holzbezugs- und sonstigen Rechte in künftig vorbehaltenen Staatswäldern eine Commißion auszusenden, welche die dießfälligen Ausgleichungen mit den einzelnen Gemeinden zu bewerkstelligen haben wird.
Das Hofkammer-Praesidium findet im Einvernehmen mit dem Herrn obersten Kanzler dem kk: wirklichen Regierungs- und Forstrathe Freiherrn Binder v. Kriegelstein, die Leitung dieser Commißion zu übertragen, welche ferner aus folgenden Personen bestehen wird:
A. Im Salinenforst-Bezirke:
1. Aus dem wirklichen Bergrathe der kk: Berg- und Salinen-Direction zu Hall, Gottlieb Zöttl;
2. Aus einem Gubernial- oder Kreiskommißär, deßen Benennung dem Herrn Landes-Gouverneur anheimgestellt bleibt;
3. Aus einem Repraesentanten des Salinen- und Montan-Aerars, welches mit seinem Holzbedarfe auf die fraglichen Forste angewiesen ist, in der Person eines Salinen- oder Montanbeamten, der von dem kk: Berg- und Salinendirector Hofrathe Joseph Stadler, benannt werden wird;
4. aus dem Aushilfsreferenten der tirolischen Kammerprokuratur Dor. Anton Janiczek, und
5. aus dem Landrichter oder Landrichterssubstituten desjenigen Landgerichtes, in dessen Bezirk sich die Gemeinde befindet, mit welcher verhandelt wird.
B. Im Cammeralforst-Bezirke:
(in sofern in den dortselbst noch vorbehaltenen Forsten Servitutsansprüche vorkommen sollten)
1. Aus dem Cammeralrathe Leopold Ebner,
2. Aus dem Gubernial- oder Kreiskommißär,
3. Aus dem genannten Fiskal-Beamten, und
4. Aus dem betreffenden Landrichter oder dessen Substituten.
Der Bergrath Zöttl kann von dem Commißionsleiter auch in diesem Forstbezirke, erforderlichen Falles beigezogen werden.
Der Commißion wird ein Aktuar beigegeben werden, dessen Bezeichnung erfolgen wird.
Der jeweilige Commißionssitz hat in der Regel am Sitze des Landgerichtes, in dessen Bezirke die Servituts-Ablösung vorgenommen wird, Statt zu finden, doch bleibt es dem Commißionsvorstande frei, die Verhandlung auch auf andere, den betreffenden Gemeinden nahe Orte zu verlegen. Ebenso ist die Reihenfolge der Gemeinden, nach welcher über die Ablösung verhandelt werden soll, seinem Ermeßen anheimgestellt. Das Ablösungsgeschäft wird übrigens zuerst im Salinenforstbezirke, d: i: im Ober- dann im Unter-Inn- und Wippthale vorzunehmen seyn.
Was das Verfahren betrifft, wird sich die Commißion Folgendes gegenwärtig halten:
a. Die gültige Einwilligung der einzelnen Gemeinden ist auf jene Weise herbeizuführen, wie selbe demnächst von der kk: Vereinigten Hofkanzlei dem Hofkammerpraesidio, und von solchem der Servituts-Ablösungs-Commission durch ihren Vorstand bekannt gegeben werden wird.
b. Nachdem es sich bei der Servituten-Ablösung um eben soviele Entäußerungen von Aerarial-Eigenthum handelt, deren Bedeutung sich weder quantitativ, noch qualitativ im Voraus bezeichnen läßt, weil sie vor Allem durch die lokale Verschiedenheit der Servitutsrechte, ihres Umfanges und ihrer Stichhältigkeit, dann aber auch durch die Lage und den verschiedenen Werth der abzutretenden Forstcomplexe bedingt wird: so sind Seitens der Commißion sämtliche Ausgleichungen mit den Gemeinden unter Vorbehalt der Genehmigung des Hofkammerpraesidiums abzuschließen. Den Gemeinden ist jedoch beim Vergleichs-Abschlusse unter ihrer Mitfertigung zu bedeuten, daß sie, wie es bei allen Übereinkommen mit dem Aerar, des Geschäftsganges wegen, erforderlich ist, bis zum Einlangen jener hierortigen Genehmigung, welche von Fall zu Fall mit thunlichster Beschleunigung erfolgen wird, an ihre Einwilligung gebunden verbleiben.
c. Über jedes einzelne Ausgleichungsgeschäft ist, außer der, mit jeder Gemeinde in legaler Form und dreifacher Ausfertigung, abzuschließenden Vergleichsurkunde, ein Protokoll mit sämtlichen Gliedern der Commißion aufzunehmen, in welchem jedes derselben seine individuelle Meinung über die Annehmbarkeit des vorliegenden Ablösungsgeschäftes mit kurzer Begründung auszusprechen hat. Der hierbei eintretende, vorzugsweise Beruf jedes einzelnen Commißionsgliedes ergibt sich aus dessen sistemalen Bestimmung von selbst; doch haben alle Commissionsglieder die Pflicht, sämtliche, bei dem betreffenden Geschäfte obwaltenden Verhältnisse und Rücksichten sowohl in sofern sich solche nach der individuellen Beschaffenheit des Falles ergeben, als mit Hinblick auf die weiter unten folgenden Bestimmungen in das Auge zu faßen. Die Abfaßung dieses Protokolles und die entsprechende Leitung der solcher vorausgehenden, mündlichen Berathung wird Sache des Herrn Commißionsleiters sein, von welchem sofort der ganze, sogestalt, und nöthigenfalls auch mit den näheren Nachweisungen des Bestandes der abzulösenden Rechte, instruirte Akt dem Hofkammerpraesidium zur definitiven Entscheidung gutächtlich vorzulegen ist.
d. Nachdem dieses Ablösungsgeschäft im öffentlichen Interesse erfolgt, so sind alle zum Behufe desselben zu errichtenden Urkunden, Eingaben oder Abschriften jeder Art stempelfrei zu behandeln.
e. Die Gemeinden haben mit der Ablösungskommißion unmittelbar selbst zu verkehren; die Beiziehung von Vertretern wird bei dieser Commißionsverhandlung nicht gestattet.
f. Das ganze Aerarialforstpersonale ist zur unmittelbaren und schleunigen Abgabe aller mündlichen oder schriftlichen Auskünfte verpflichtet, welche von demselben für die Commißion oder ihren Vorstand begehrt werden, der sowohl zur Einholung derselben, als zur Vornahme aller das Geschäft vorbereitenden Besprechungen mit den Partheien und erforderlichen Ambulationen ermächtiget ist.
Was die Grundsätze anbelangt, welche bei den Ablösungsverhandlungen zur Richtschnur zu nehmen sind, so haben Se. Majestät zu befehlen geruht, dass in möglichst ausgedehntem Maße dahin gewirkt werde, die Ablösung der Beholzungsservitut durch Abtretung eines verhältnißmäßigen Theiles der belasteten Staatsforste im Inn- und Wippthale zu Stande zu bringen.
Sofort ist sich in erster Linie die unumgängliche Nothwendigkeit der Erhaltung des phisikalischen Bestandes der betreffenden Gebirge gegenwärtig zu halten, und da angenommen werden muß, daß selber durch den Vorbehalt des aerarischen Eigenthumsrechtes auf die Forsttheile mittelst deren Conservirung jener geschützt ist, besser als durch das gemessenste Forstpolizeigesetz erhalten werden kann: so sind solche Forsttheile, deren besondere Pflege nothwendig wird, um das Absitzen der Berge, das Austreten der Wässer u. dgl. gemeinschädliche Ereignisse hindanzuhalten, so weit es die Lokalverhältniße nur immer zuläßig machen, nicht den Gemeinden abzutreten, sondern dem Aerar vorzubehalten.
In zweiter Linie kömmt die bisherige Deckung des aerarischen Holzbedarfes, wozu insbesondere auch die Bringbarkeit desselben zu den dermal bestehenden aerarischen Werken gehört, zu berücksichtigen.
Die Deckung des Haus- und Guts-Beholzungs-Bedürfnißes der Unterthanen ist vollständig, jedoch nur in so fern, als es rechtlich und wirklich besteht, im Auge zu behalten, jeder Bezug der Unterthanen aber überhaupt nur mit jenen Modalitäten, unter welchen ihnen die einzelnen Genußrechte nach den verschiedenen Forstgebiethen bisher zugestanden haben. Es muß daher, wenn die Ablösungsverhandlung in einer Gemeinde begonnen wird, das erste Geschäft der Commißion sein, diese Modalitäten genau zu constatiren, und findet die Einbeziehung solcher Gutsbesitzer, welche bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche in Folge Auftheilung oder Verleihung, oder die überhaupt aus einem stichhältigen Grunde gegenwärtig keine Bezüge in Staatsforsten besitzen, in die Zahl der Gemeindeglieder, für deren Bedürfniß durch die Abtretung von Aerarialforsttheilen zu sorgen ist, nicht Statt.
Die Genußrechte der Unterthanen sind übrigens (außer den geringfügigeren, z: B: des Pechklaubens, u. s. w.) vornehmlich nachstehende:
1. Die Beholzungsservitut. Sie besteht in dem Befugniße, aus den gemeinen Waldungen das zum Haus- und Gutsbedarf erforderliche Brenn- und Bauholz (auf Auszeigung des gemeinen Waldmeisters) unentgeldlich zu beziehen.
Die Ablösungskommißion hat sich gegenwärtig zu halten, daß dieses Befugniß nur dem Bauernstande, d: i: den Besitzern von Grund und Boden zusteht; dem Gewerbstande kann es im Allgemeinen nach Analogie mit Titel II. Buch IV der Tiroler-Landesordnung nicht zugestanden werden. Es ist somit bei der Ablösung auf den Bedarf des Gewerbstandes in der Regel keine Rücksicht zu nehmen.
Das Hofkammerpraesidium findet sich jedoch bestimt, bei den radizirten Gewerben eine Ausnahme zu gestatten und zu bewilligen, daß bei denselben auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand, auf den Inhalt des ursprünglichen Steuerkatasters, auf allenfalls bestehende, an ein landesfürstliches Urbarium zu entrichtende Feuerstattzinse, oder auf sonst den eben angeführten ähnliche, besonders beachtenswerthe Verhältniße in der Art Rücksicht genommen werden dürfe, daß ihr auf das Genaueste zu erhebender, bisheriger Bedarf, nicht aber auch die Möglichkeit einer Steigerung desselben, in den Gesamtbestand der in einer Gemeinde abzulösenden Beholzungsbefugnisse einbezogen werde. Bei Vorlage der Ablösungsoperate zur Genehmigung des Hofkammerpraesidiums ist die Einbeziehung solcher Gewerbsholzbedarfe in die Ablösung besonders anzugeben und zu begründen. Überhaupt ist bei der, jeder Ablösungsverhandlung vorausgehenden, näheren Constatirung der Beholzungsbefugniß der einzelnen Gemeinden auf landesfürstliche, oder auf Verleihungen einer competenten Behörde, auf das Steuerkataster, auf allfällige Theillibelle, alte
Kontrakte oder Vergleiche zwischen einzelnen Gemeinden, dann auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand Rücksicht zu nehmen.
Hinsichtlich der Neubauten und der Vergrößerung bestehender Bauten kann das Recht der Einforstung nicht zugestanden werden; auf die Herhaltung der mit Feuerstattzinsen belegten Häuser ist jedoch gebührende Rücksicht zu nehmen. In Bezug auf den subsidiarisch (wenn nähmlich die gemeinen Waldungen ungeachtet der waldordnungsmäßigen Verwendung derselben zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes nicht hinreichten) den Insaßen aus Amtswaldungen verabfolgten Holzes, welche Verabfolgung theils gegen, theils ohne Entrichtung eines Stockgeldes geschah, ist sich in Ansehung dieses letzteren Umstandes an den dermaligen Stand der Dinge zu halten, und der Kapitalswerth des einjährigen Stockzinserträgnisses bei Ausmittlung des künftigen Gemeinde-Forsteigenthumes entweder in angemessenen Abschlag zu bringen, oder dießfalls mit der betreffenden Gemeinde über die Fortdauer eines fixen jährlichen Zinsbetrag-Aequivalentes, das sofort von der Gemeinde, und nicht von einzelnen Insaßen abzuführen sein würde, oder über einen andern, dießfalls angemessenen Vergleichspunkt zu unterhandeln.
2. Das Weidebefugniß, auf Tit. II. Buch IV. der Tirol. L.O. und auf die Inn- und Wippthalsche W: O: Seite 61. – 69. sich gründend, darf nur mit der Beschränkung auf den Auftrieb so viel Viehes ausgeübt werden, als auf den betreffenden Gütern überwintert werden kann. Die Ablösungskommißion hat daher diese Beschränkung in das Auge zu faßen.
Bei Beurtheilung des schon bisherigen Bestandes der Weidebefugniße einzelner Gemeinden, als solcher, hat die Commißion landesfürstliche Verleihungen, oder Verleihungen competenter Behörden, das Steuerkataster, Theillibelle, in so ferne in solchen von der Weide gehandelt wird, Gemeindeordnungen, alte Contracte oder Vergleiche zwischen Gemeinden unter sich, und den über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand zur Grundlage zu nehmen.
3. Der Streubezug, sich gleichfalls auf obigen Titel der tirol. L: O: und auf das Weidemandat gründend, ist nach Letzterem nur in den Maissen und Schlägen untersagt. Hieher gehört auch das Taxenschnaiten (S: 66. ibid)[.] Bei Beurtheilung der dießfälligen Ansprüche werden ebenfalls die sub 2. in Ansehung des Weiderechtes angeführten Titel angemessen zu berücksichtigen seyn. Dasselbe ist endlich auch
4. hinsichtlich des Grasmähens oder Grasausraufens der Fall, welches Befugniß sich gleichfalls auf mehrerwähnten Titel der tirol. L. O. und auf das Weidemandat fußt, zufolge dessen das Grasausraufen ebenfalls nur in den Maissen und Schlägen, bis das Holzgewächs Stärke und Kraft bekam, untersagt ist.
Da jedoch voraussichtlich jene Waldtheile, welche den Gemeinden zur Deckung ihres Beholzungsbedürfnisses in das volle Eigenthum werden überlassen werden müssen, nicht hinreichen dürften, um auch ihre anderen Genußrechte, nahmentlich jenes der Weide und des Streubezuges zu decken, deren Befriedigung daher noch theilweise in den von dem Beholzugsbefugnisse der Insaßen künftig ganz frei werdenden Staatsforsten zu gestatten, nicht vermeidlich sein dürfte: so wird ein Hauptaugenmerk der Ablösungskommißion dahin gerichtet sein müssen, die Wahl und Zuweisung der als Entschädigung abzutretenden Forste so zu combiniren, daß daraus die möglichst vollständige Befreiung der verbleibenden Staatsforste von sämtlichen, oder, in soferne dieß unthunlich seyn wird, doch von jenen Genüssen der Unterthanen erzielt werde, welche der Erhaltung der aerarischen Forstbestände vorzugsweise gefährlich seyn würden. In so weit dies aber durchaus nicht thunlich wäre, dh: in so weit den Unterthanen dennoch die Weide oder der Streubezug u. dgl: theilweise auch künftig in Staatsforsten gestattet werden müßten, wird die Commißion die allfällig angemessenen beschränkenden Bedingungen und Vorsichten, unter welchen die Ausübung solcher Genußrechte in jenen für die Zukunft am Wenigsten gefährlich erscheint, abgesehen von den einschlägigen Bestimmungen der jetzigen oder künftigen Waldordnung, bei den Vergleichsabschlüssen mit den Gemeinden contraktuel festzusetzen haben.
Über die Herstellung und die Kosten der definitiven Begränzung der den Gemeinden in das Eigenthum abzutretenden Forste, wenn die betreffenden Akte von Fall zu Fall hierorts genehmigt seyn werden, hat die Commißion mit den Gemeinden sogleich bei den Vergleichsabschlüssen das Übereinkommen zu treffen.
Die kk: Berg- und Salinendirection in Hall wird unter Einem angewiesen, der Ablösungskommißion alle in dortiger Aufbewahrung befindlichen Vormerkungen, und allfälligen Urkunden über die bisherigen Forstgenußrechte mitzutheilen, welche zum Besten der Unterthanen gehörig zu beachten seyn werden, indem der Staat auf die Vortheile, welche aus dem Nichtbesitze dieser Urkunden Seitens der Unterthanen ihm zugehen könnten, verzichtet, wenn sich Abschriften oder Dupplikate, oder den Inhalt zweifellos bezeichnende Vormerkungen in Handen der Staatsverwaltung befinden.
Wien am 1. May. 1847.