Anton Steuxner. Jahrgang 1945, Vater von vier Kindern, Obmann der Agrargemeinschaft Mötz, Holzhändler und Sägewerksbesitzer, Altbauer, leidenschaftlicher Jäger. 1971 hat er den Schwöbhof in der Königsgasse in Mötz vom Vater übernommen. Vierzig Jahre lang hat er als guter Hausvater und Treuhänder den Stammsitz geführt, er hat den Hofbesitz vergrößert, das Haus erweitert und modernisiert. Vor vier Jahren hat er dem Sohn übergeben. Nun liegt es am Jungbauern als Treuhänder von kommenden Generationen am Schwöbhof zu wirtschaften. Foto: Peter Parker

Anton Steuxner. Jahrgang 1945, Vater von vier Kindern, Obmann der Agrargemeinschaft Mötz, Holzhändler und Sägewerksbesitzer, Altbauer, leidenschaftlicher Jäger. 1971 hat er den Schwöbhof in der Königsgasse in Mötz vom Vater übernommen. Vierzig Jahre lang hat er als guter Hausvater und Treuhänder den Stammsitz geführt, er hat den Hofbesitz vergrößert, das Haus erweitert und modernisiert. Vor vier Jahren hat er dem Sohn übergeben. Nun liegt es am Jungbauern als Treuhänder von kommenden Generationen am Schwöbhof zu wirtschaften. Foto: Peter Parker

 

Anton Steuxner, Altbauer am Schwöbhof in Mötz, Obmann der Agrargemeinschaft, versteht die Welt recht gut. „Wie das Mieders-Erkenntnis bekannt wurde, waren unsere Standesvertreter der Meinung, dass die landwirtschaftliche Nutzung des Agrargrundes ohnehin den Grundbesitzern bleibt. Nur am Substanzwert sollte die öffentliche Hand mitnaschen. Die wirklichen Folgen hat man verkannt!“ Herausgekommen sei nämlich ganz anderes. Einmal losgetreten, entstand eine gigantische Lawine, die Jahrhunderte alte Strukturen zu begraben droht. „Wir haben jetzt einen politischen Einfluss in den Wäldern wie er in Tirol nicht im dunkelsten Mittelalter bestand. Eigentümer sollen Bettler sein, die beim Gemeinderat wegen ein paar Festmeter Nutzholz zu Kreuze kriechen.“ Anton Steuxner: „2008 wurde eine Lawine losgetreten, die unkontrolliert uralte Rechte zerstört!“

Was den Altbauern am Schwöbhof besonders ärgert, ist der vorauseilende Behördengehorsam im Blick auf die falsche Idee, den Ortsgemeinden gegenüber etwas gut machen zu müssen. Seit dem Riesenrummel um das „gestohlene“ Gemeindegut, würden die alten Behördenbescheide samt allen Parteienübereinkommen kräftig ignoriert. Zusätzlich würden Jahrhunderte alte Rechte „mit unverständlichem Wortgeklaube“ ausgehebelt. Besonderes  Sorgenkind der Mötzer sind ihre Waldteile im Obsteiger Larchwald. Im Jänner 1961 hatte die Agrarbehörde entschieden, dass der Obsteiger Larchwald Eigentum der Mötzer Agrargemeinschaft ist. Zudem wurde entschieden, dass es sich um „Teilwald“ handle. 2010 wurde der Wald als ein „atypisches Gemeindegut“ festgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Jahr 2014 diese Entscheidung in der Sache bestätigt. Trotzdem wurde das Erkenntnis des Landesagrarsenates kassiert. Die Frage der Teilwaldeigenschaft sei noch zu klären.

Ob Teilwälder auf dem „atypischen Gemeindegut“ existieren, ist seit dem Jahr 2014 „Schicksalsfrage“: Auf Teilwaldparzellen steht die forstwirtschaftliche Nutzung weiterhin dem Waldbesitzer zu; die Waldwirtschaft ist seine Sache. Am übrigen „atypischen Gemeindegut“ ist das Nutzungsrecht dagegen eng beschränkt. Die Waldwirtschaft ist Sache der jeweiligen Gemeinde.

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WALDTEILE IM LARCHWALD

Die Masse der Waldteilungen im Raum Mötz-Mieming-Obsteig fand in den Jahren 1733, 1734 und 1735 statt. Der Larchwald der Mötzer umfasst rund 125 ha und wurde in knapp 200 „Teilwaldparzellen“ aufgeteilt; dies im Jahr 1818. Bei der Grundbuchanlegung wurden für jeden Grundbesitzer gesonderte Servituten einverleibt. Die Eintragung im Grundbuch lautete wie folgt: „Auf Grund des Waldauftheilungsprotokolles vom 8.September 1818 ist dieser Grundbuchskörper belastet mit der Dienstbarkeit des ausschließlichen und unbeschränkten Holz- und Streubezuges, welche auch die Befugnis der freien Verwertung des nach Deckung des Haus – und Gutsbedarfes vorhandenen Überschusses umfasst, zu Gunsten nachstehender Grundbuchskörper des Grundbuches der Katastralgemeinde Mieming …“ (es folgt die Anführung jeder Bauernwirtschaft in Mötz samt einer näheren Bezeichnung der jeweiligen Teilwaldfläche).

Wegen der Schwierigkeit derart kleine Waldparzellen zu bewirtschaften, haben die Mötzer Grundbesitzer 1974 beschlossen, im Larchwald zusammen zu legen. Im Juni 1977 hat die Agrarbehörde antragsgemäß eine Gemeinschaftsnutzung geregelt. Die Größe der Teilwälder wurde als Anteilsrecht der Mitglieder ausgedrückt, sodass eine zeitgemäße Bewirtschaftung möglich wurde.

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DER LARCHWALD WIRD GEMEINDEWALD!

Die Bezirksforstinspektion Imst, die Agrarbehörde und das Landesverwaltungsgericht Tirol stehen heute auf dem Standpunkt, dass der Holzbestand im Larchwald nur der Ortsgemeinde Mötz zusteht. Es liege kein Teilwald mehr vor – nur ein „atypisches Gemeindegut“. Nach diesem Rechtsstandpunkt verlieren die Mötzer Nachbarn ihre Rechte am Obsteiger Larchwald. Sie können ihren (eingeschränkten) Bedarf auch auf dem restlichen „atypischen Gemeindegut“ bedecken. Die gesamte Waldwirtschaft ist in die Hände der Ortsgemeinde Mötz gelegt. Dazu Anton Steuxner: „Kein Teilwaldbesitzer wollte seine Rechte durch den Beschluss auf Gemeinschaftsbewirtschaftung verschenken! Was die Agrarjuristen heute mit uns machen ist ungeheuerlich.“

Vom Standpunkt der Agrarbehörde entsteht freilich der Anschein, als wäre 1977 der Ortsgemeinde Mötz geschenkt worden: Die Gemeinschaftsbewirtschaftung hätte aus Teilwaldrechten „atypische Gemeindegutsnutzungen“ gemacht. Dies mit allen Konsequenzen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich diesem Standpunkt im Mai 2015 angeschlossen. Dem angeblichen alten Gemeinderecht, das in der Regulierung verletzt worden sei, müsse wieder zum Durchbruch verholfen werden. Die Teilwaldrechte, die auf das Jahr 1818  zurückgehen, könne man demgegenüber anscheinend ignorieren.

Für die Mötzer Grundbesitzer macht es einen großen Unterschied, ob lediglich ein „atypisches Gemeindegut“ angenommen wird oder ob zusätzlich anerkannt wird, dass auf diesem „atypischen Gemeindegut“ Teilwälder bestehen. Wo Teilwald anerkannt wird, verbleibt den Grundbesitzern zumindest der gesamte Holzertrag; die Waldwirtschaft ist alleine ihre Sache.

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SIMSALABIM, AUS BAUERNWALD WIRD GEMEINDEWALD

Nach derzeitigem „Landes- Unrecht“ ist es mit den Rechten der Mötzer Nachbarn am Larchwald in Obsteig bis auf unbestimmte Zeit vorbei. Die im Jahr 1818  begründeten Teilwaldrechte sind verloren, weil die Agrarbehörde zur besseren Bewirtschaftung im Jahr 1977 auf eine Zusammenlegung der Waldteile entschieden hat!

Bezeichnend ist die Begründung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs in Wien vom 29.07.2015 Zl Ra 2015/07/0095: Die Teilwälder seien 1977 in Anteilsrechte umgewandelt worden; die ursprüngliche „Qualifikation der Grundstücke als Teilwälder“ hätte damit ihre Wirksamkeit verloren! Simsalabim wurde im Jahr 2015 der wertvollste Nutzwald der Mötzer Nachbarn der Ortsgemeinde Mötz zugeschanzt – 125 ha insgesamt.

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ZUR GESCHICHTE DER WALDTEILE

Ursprünglich haben sich die Rechts- und Nutzungsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern in Tirol über Jahrhunderte gleichförmig entwickelt. Das Waldeigentum wurde dem Landesfürsten zugeordnet; die Nutzungen standen den jeweiligen Nachbarschaften zu. Solche Wälder wurden „gemeine Wälder“ oder „Gemeindewälder“ genannt. Daneben gab es Wälder, die für landesfürstlichen Bergwerke und Salinen reserviert waren und Wälder im Eigentum des Adels oder kirchlicher Institutionen. Spätestens unter Kaiser Max ab Anfang des 16. Jahrhunderts wurden „gemeine Wälder“ unter den „Feuerstattbesitzern“ aufgeteilt. Auch nach der Waldaufteilung verblieb das Eigentum beim Landesfürsten; die Holznutzung stand ausschließlich den jeweiligen „Feuerstattbesitzern“ zu. Diese Rechtsverhältnisse haben sich erst geändert, als der Landesfürst sein Obereigentum über alle Wälder Tirols im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 aufgegeben hat. Die Tiroler Forstregulierung 1847 hat sozusagen für Wälder und Almen die im Jahr 1848 für das gesamte „Kaiserthum Österreich“ angeordnete Grundentlastung vorweggenommen: Volles und freies Eigentum trat anstelle der feudalstaatlichen Nutzungsverhältnisse mit grundherrlichem Obereigentum. Im Jahr 1867 wurde im neuen Staatsgrundgesetz sogar ausdrücklich festgeschrieben, dass ein geteiltes Eigentum (Obereigentum und Nutzungseigentum) nie mehr begründet werden dürfe (Artikel 7 Staatsgrundgesetz).

Im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 wurden Staatsforste geschaffen, die weitestgehend von Nutzungsrechten der Hofbesitzer freigestellt sind. Im Gegenzug und zur Ablösung der Nutzungsrechte in den verbleibenden Staatsforsten, wurde freies Privateigentum an der Mehrzahl der ehemaligen Staatsforste geschaffen. Dadurch ging das Eigentum in der Regel auf die jeweilige „Gemeinschaft der Holzbezugsberechtigten“ über. Die Rechtsverhältnisse sind mit dem modernen Wohnungseigentum vergleichbar: Unteilbares Gemeinschaftseigentum an der Liegenschaft verbunden mit den Waldteilen der Miteigentümer. Im Wohnungseigentum haben wir ein Gemeinschaftseigentum am Wohnhaus verbunden mit Einzelwohnungen. Die „Teilwaldgemeinschaften“ wurden im Jahr 1935 im Tiroler Flurverfassungsrecht als eine Erscheinungsform der Agrargemeinschaft geregelt. War die Waldteilung in der erforderlichen Schärfe exekutiert (Vermessungsurkunden, Vermarkung), konnten sich die Waldteile auch als Einzeleigentum darstellen.

Die ersten „Teilwälder“ entstanden am Beginn der Neuzeit, als in Tirol Erzherzog Siegmund der Münzreiche und Kaiser Max die Landesherrschaft ausübten. Die älteste, nachweisbare Urkunde, in der die Anordnung einer Waldteilung dokumentiert ist, stammt aus dem Jahr 1510, der Herrschaftszeit von Kaiser Max. Diese Urkunde dokumentiert die Bitte der Nachbarn von Kolsass, dass ein unter Erzherzog Siegmund ausgezeigter Wald am Kolsassberg zu gleichen, nach dem Los bestimmten Teilen unter den „Feuerstätten“ aufgeteilt werde. Die Nachbarn von Kolsass haben sich dabei auf ältere solche Aufteilungen in Mils, Fritzens und Baumkirchen berufen. Kaiser Max bewilligte die Bitte und wies Christian Pirchner, Richter zu Rettenberg, und Leonhardt Möltl, Bergrichter zu Schwaz, an, die nötigen Veranlassungen zu treffen. Der Wald der „Nachbarschaft zu Berg und Dorf des Oblay Kolsass“ sollte „mit dem Los nach den Feuerstätten und billigen Dingen“ ausgeteilt werden, damit „niemand wieder die Billigkeit beschwert“ werde. Gebildet wurden 22 Teile, zehn für die Nachbarn vom „Berg“, zwölf für die Nachbarn im „Dorf“. Wann die noch älteren Waldaufteilungen in Mils, Fritzens und Baumkirchen durchgeführt wurden, auf die sich die Nachbarn von Kolsass im Jahr 1510 als Beispiel berufen haben, wurde noch nicht untersucht.

Es gibt mehrere Phasen intensiver Waldaufteilungen: Die erste war Mitte des 16. Jhdts abgeschlossen; die zweite fällt in die 2. Hälfte des 17. Jhdts und eine dritte in den Zeitraum um 1730. Aufgeteilt haben landesfürstliche Beamte auf Bewilligung durch den Landesfürsten entsprechend den Bitten der betreffenden Nachbarschaften, die sich „Gemeinde“ nannten.

Seit der Teilung nutzt ein jeder „Feuerstattbesitzer“ sein Waldstück. Nur die Waldweide wurde typischer Weise weiterhin von der ganzen Nachbarschaft ausgeübt. Das Eigentum blieb im Allgemeinen beim Landesfürsten. Erst im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 verzichtete der Landesfürst auf das Obereigentum; dies zugunsten der „holzbezugsberechtigten Gemeinde als solcher“, unter Vorbehalt besserer Rechte einzelner oder dritter. Bei dieser „holzbezugsberechtigten Gemeinde“ handelt es sich nicht um die Schulgemeinde, aber auch nicht um die Kirchengemeinde und um keine Trauergemeinde, sondern um die Gemeinschaft der „holzgenussberechtigten Feuerstattbesitzer“, die Summe der Teilwaldberechtigten. Für solche Miteigentumsgemeinschaften existierte bis zum Jahr 1935 kein rechtliches Organisationsmodell. Erst mit dem Flurverfassungsgesetz 1935 konnte die Agrarbehörde diese Gemeinschaften organisieren und die Grundbucheintragungen richtigstellen.

GLEICHES UNTERSCHIEDLICH BEURTEILT

Die Anlegung des Franziszeischen Steuerkatasters in Tirol in den 1850er Jahren und die Grundbuchanlegung in Tirol (1898 bis 1940) haben teilweise verwirrende Verhältnisse geschaffen. Bei der Anlegung des Steuerkatasters sind parzellierte und nicht parzellierte Waldteile entstanden, je nach dem, ob die Waldteile vermessen und als eigene Parzellen erfasst wurden. Warum sich die Beamten im Einzelfall für „Einzelvermessungen“ entschieden haben und wann nicht, wurde bis heute nicht untersucht. Parzellierte Teilwälder wurden im Franziszeischen Steuerkataster als Eigentum der jeweiligen Waldbesitzer ausgewiesen, nicht parzellierte Teilwälder wurden häufig auf die Etiketten „Ortschaft“ oder „Gemeinde“ eingetragen.

Die Grundbuchanlegung hat die Rechtsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern eigenständig beurteilt. Als Grundsatz wurde „Gemeinde-“ oder „Fraktionseigentum“ angenommen, weil man von der These ausging, der Tiroler Landesfürst habe im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 die heutigen Ortsgemeinden mit dem Eigentum beschenkt. Die aus den historischen Teilungsakten hervorgegangenen „Waldteile“ der Tirolerinnen und Tiroler sollten als „Gemeindegutnutzungen“ überhaupt nicht im Grundbuch eingetragen werden. Ein Waldeigentum laut Steuerkataster wurde ausdrücklich als irrelevant erklärt.

Je nach dem, ob sich die Waldbesitzer gegen diese Beurteilung zur Wehr gesetzt haben, sind ganz unterschiedliche Rechtsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern („Teilwäldern“) dargestellt worden:

1) Waldparzellen, die von der Grundbuchanlegung als freies Einzeleigentum registriert wurden, was vor allem in den „Bayrischen Gerichten“ Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel vorkam.

2) Waldparzellen, wo das Einzeleigentum im Zuge der Grundbuchanlegung erstritten wurde (zB in Roppen und in Haiming).

3) Waldparzellen, der aufgrund Beschlusses des Tiroler Landtages vom 31.1.1910, LG vom 30.06.1910 LGBl 65/1910, von den Ortsgemeinden als Eigentum der Grundbesitzer anerkannt wurden.

4) Waldparzellen, die grundbücherlich als Eigentum einer „Gemeinde“ oder „Fraktion“ geführt sind, auf denen räumlich abgegrenzte, ausschließliche Servituten des Holz- und Streubezugs „mit Verkaufsrecht“ eingetragen wurden.

5) Waldparzellen, die grundbücherlich als Eigentum einer „Gemeinde“ oder „Fraktion“ geführt sind, wo ebenfalls räumlich abgegrenzte, ausschließliche Holz- und Streubezugsrechte bestehen, die als (angebliche) Gemeindegutsnutzungen jedoch nicht im Grundbuch einverleibt sind.

Aus heutiger Sicht sind diese Unterscheidungen in den 1850er Jahren oder durch die Grundbuchanlegung zu relativieren: Wenn Grundbesitzer eine Waldparzelle über Jahrhunderte ausschließlich genutzt haben, entsteht in dem Moment, in dem der Landesfürst sein Obereigentum aufgibt, volles und freies Eigentum der Privaten – je nach durchgeführter Vermessung alleine oder gemeinsam mit den übrigen „Feuerstattbesitzern“.

Fragen an den Agrarexperten zur Situation in Mötz

Warum streiten die Mötzer Grundbesitzer um die Anerkennung von Teilwald?
Experte: Zu allererst kämpfen die Mötzer Grundbesitzer dafür, dass die unselige Erscheinung des „atypischen Gemeindeguts“ möglichst schnell wieder aus dem Tiroler Agrarrecht verschwindet. Die Grundbesitzer in Mötz lassen sich nicht als Diebe ihres eigenen Grund und Bodens hinstellen.

Die Agrarbehörde geht aber von ehemaligem Gemeindeeigentum aus!
Experte: Diese Annahme ist vollkommen falsch. Die Mötzer sind in der glücklichen Lage, dass ihre Vorfahren vor Jahrhunderten praktisch den gesamten Nachbarschaftswald aufgeteilt haben. Dazu gibt es die Waldteilungsprotokolle vom August 1733, vom Juni 1735 und vom September 1818, es gibt die Aufzeichnungen zur Anlegung des Steuerkatasters aus den 1850er Jahren, die Unterlagen zur Grundbuchanlegung und das so genannte „Waldbuch“. Dieses „Waldbuch“, in dem alle so genannten „Teilwälder“ verzeichnet sind, hat der jeweilige „Waldhüter“ der Gemeinde geführt und laufend aktualisiert. Wenn die Rechtsvorgänger aller Grundbesitzer in Mötz ihren Wald ausschließlich alleine als Eigentum genutzt haben, wer soll dann Eigentümer sein? Auch in Tirol erwirbt man jedenfalls durch Ersitzung Eigentum. Das gilt nicht nur im Rest von Österreich!

Warum wurde in Grundbuch der Wald als Eigentum einer „Fraktion Mötz“ erfasst?
Experte: Diese Grundbucheintragung war falsch. Und diese Grundbucheintragung wurde von der Agrarbehörde in den 1950er Jahren und im Jahr 1961 berichtigt. In den Waldteilungsprotokollen aus dem 18. Jahrhundert ist davon die Rede, dass der Tiroler Landesfürst sich das Obereigentum vorbehält. Schon im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 wurden die aufgeteilten Wälder der Mötzer Grundbesitzer allerdings als Privateigentum anerkannt! Das war im Juli 1848, noch bevor im Wiener Reichstag die Gesetze zur Grundentlastung verabschiedet wurden. Völlig zu Recht wurden deshalb die Waldteile der Mötzer Grundbesitzer bei der Erstellung des Steuerkatasters in den 1850er Jahren als Privateigentum der einzelnen Hofbesitzer erfasst. Über 50 Jahre waren alle Waldparzellen der Mötzer als Privateigentum der jeweiligen Waldbesitzer anerkannt. Und diese Waldparzellen wurden auch als Privateigentum besteuert. Erst im Jahr 1909 haben die Beamten, die das Grundbuch angelegt haben, eine „Fraktion Mötz“ erfunden. Diese Erfindung der Grundbuchanlegungsbeamten, die „Fraktion Mötz“, wurde rechtswidrig als Eigentümerin aller Mötzer Waldparzellen hingestellt. Für die Grundbesitzer wurden nur Servitutsrechte im Grundbuch eingetragen.

Offensichtlich waren die Mötzer mit diesen Grundbucheintragungen einverstanden?
Experte: Man hat unter dem Begriff „Fraktion“ vermutlich ein Gebilde verstanden vergleichbar einer Nachbarschaft. Jedenfalls ist im Grundbuchanlegungsprotokoll vom 28. April 1909 festgehalten, dass der Dorfmeister von Mötz, Alois Kluibenschödl, ein „Fraktions-Vorsteher“ sei. In der Vollmacht vom 19. April 1909, die alle Mötzer Grundbesitzer unterfertigt haben, wird er allerdings noch als „Dorfmeister“ bezeichnet. Wäre im Dorf der Begriff „Fraktion“ geläufig gewesen, hätte die Vollmacht wohl diese Bezeichnung ausgewiesen. Sicher hat keiner der beteiligten Mötzer daran gedacht, dass diese Begriffe hundert Jahre später solche Bedeutung haben könnten.

Hat in Mötz keine „offenkundig verfassungswidrige“ Enteignung stattgefunden?
Experte: Genau so ist es. Bis zur Tiroler Forstregulierung 1847 war der Landesfürst Obereigentümer und die Mötzer Grundbesitzer hatten nur das Nutzungsrecht – freilich mit der Besonderheit, das Holz auch verkaufen zu dürfen. Im Jahr 1848 hat der Landesfürst auf das Obereigentum verzichtet; die geteilten Waldparzellen der Mötzer wurden als deren Privateigentum anerkannt. Der Steuerkataster aus den 1850er Jahren hat deshalb die Mötzer als Privateigentümer ihrer einzelnen Waldparzellen erfasst. Selbst wenn schon damals das Eigentum bei der ganzen Nachbarschaft Mötz gelegen hätte, dann hat jedenfalls der redliche Besitz bis zum Jahr 1909 zu einem wahren Eigentum der einzelnen Waldbesitzer geführt. Dies an den einzelnen Waldparzellen. Jeder Nachbar hat seine Waldteile gutgläubig genutzt und dafür Steuern bezahlt. Wie soll die heutige politische Ortsgemeinde daran irgendein Recht erworben haben?

Wie konnte die Behörde trotzdem ein „atypisches Gemeindegut“ feststellen?
Experte: In den 1950er Jahren und im Jahr 1961 hat die Agrarbehörde festgestellt, dass ein „Gemeindegut“ vorliege, das im Eigentum der Agrargemeinschaft Mötz stehe. Niemand wusste damals, dass ein „Gemeindegut“ 60 Jahre später als ein Eigentum der Ortsgemeinde verstanden würde. Niemand wusste damals, dass bei einem solchen Bescheid 60 Jahre später vom Verwaltungsgerichtshof der Standpunkt eingenommen würde, dass eine „rechtskräftige Qualifizierung“ als ehemaliges Gemeindeeigentum angenommen würde. Niemand wusste damals, dass bei einem solchen Bescheid 60 Jahre später ein „atypisches Gemeindegut“ und „Substanz“ der Ortsgemeinde behauptet würde. Deshalb hat niemand den „Gemeindegutsfeststellungen“ Bedacht geschenkt, sondern sich darauf konzentriert, dass für ein Eigentum der Agrargemeinschaft entschieden wurde. Um zum Kern der Frage zu kommen: Die heutige Feststellung eines „atypischen Gemeindeguts“ und „Substanz“ der Ortsgemeinde gründet auf der Annahme, dass Grund und Boden durch die Agrarbehörde in den 1950er Jahren rechtskräftig als ehemaliges Eigentum der Ortsgemeinde „qualifiziert“ wurde. Hat die Agrarbehörde im Regulierungsverfahren „Gemeindegut“ angenommen, wird heute „atypisches Gemeindegut“ und „Substanz“ der Ortsgemeinde unterstellt. Ob die seinerzeitige Annahme richtig oder falsch war, soll egal sein. Ausdrücklich ergänzt der Verwaltungsgerichtshof, dass die wahren Eigentumsverhältnisse ohne Belang seien!

Die Erklärung, warum die Mötzer um die Anerkennung als „Teilwald“ streiten, sind Sie noch schuldig!
Experte: Wenn „Teilwald“ auf „atypischem Gemeindegut“ besteht, verbleibt den Agrariern zumindest die gesamte Holznutzung auf den betreffenden Flächen; dies einschließlich des Rechts, die Holzerträge zu verkaufen. Die Holzwirtschaft liegt in den Händen der Agrarier. Eine gute Wirtschaft mit dem Waldbestand in der Vergangenheit und in der Zukunft kommt dem Agrarier zu Gute. Ein „atypisches Gemeindegut“ in Verbindung mit „Teilwald“ bewahrt sozusagen den Waldbesitz für den jeweiligen Grundbesitzer (= „Teilwaldberechtigten“). Ganz anders beim bloßen „atypischen Gemeindegut“: Dort obliegt die Waldwirtschaft seit 01.07.2014 alleine der Gemeinde, die den Agrariern vorschreibt, wie und wo eine Holznutzung für den aktuellen Hofbedarf durchgeführt werden kann. Verkaufsholz gibt es in diesem Regime naturgemäß nicht. Es ist deshalb verständlich, dass die Mötzer alles unternehmen, damit der gesamte Agrargemeinschaftswald als „Teilwald“ anerkannt wird.

Wie kann die Agrarbehörde die unbeschränkte Holznutzung streitig machen, wenn die Wälder im 18. bzw Anfang des 19. Jahrhunderts aufgeteilt wurden?
Experte: Die Waldparzellen, die die Mötzer Nachbarn im so genannten „Larchwald“ besitzen, umfassen ca 125 ha Wirtschaftswald insgesamt, die in ca 200 Waldparzellen aufgeteilt sind. Die Aufteilung des Waldes wurde 1818 vollzogen. Seit jeher ist für jeden Mötzer Grundbesitzer das Recht verbrieft, die Holzerträge frei zu verkaufen. Um die Bewirtschaftung zu erleichtern, hat die Agrarbehörde im Jahr 1977 die Teilwälder aufgehoben und die Teilwaldrechte in Anteilsrechte vom Ganzen umgewandelt. Diese Bewirtschaftung nach Anteilsrechten umfasste natürlich den gesamten Holzertrag der Liegenschaft und nicht die Summe der „Jahresbedürfnisse“ der Nachbarn. Zweck der Umwandlung der Teilwaldrechte war es natürlich auch nicht, den Agrariern von Mötz den Holzertrag wegzunehmen und der Ortsgemeinde Mötz zuzuschanzen. Trotzdem hat die Agrarbehörde, bestätigt durch das Landesverwaltungsgericht Tirol, folgendes entschieden: „… Mit Teil-Regulierungsplan vom 21.07.1977 wurden die ursprünglichen Teilwaldrechte in ideelle Anteilsrechte umgewandelt. Durch diese Änderung der Sachlage verlor die ursprüngliche Feststellung der in EZ 101 KG Obsteig vorgetragenen Grundstücke als agrargemeinschaftliche Grundstücke in der Qualifikation als Teilwaldgrundstücke ihre Wirksamkeit. Auf den in EZ 101 KG Obsteig vorgetragenen bestehen seit Rechtskraft des Teil-Regulierungsplans vom 21.07.1977 keine Teilwaldrechte mehr …“. Dies mit dem Ergebnis, dass nun der Ortsgemeinde Mötz die Holznutzung im „Larchwald“ zusteht. Wenn der Verwaltungsgerichtshof in Wien nicht einschreitet, werden die Mötzer Agrarier um Rechte geprellt, die ihnen seit 1818 (!) unbestritten zustanden. Und es gibt Agrargemeinschaftsmitglieder, die haben aus der Vergangenheit angesparte Nutzungsguthaben von 100 Festmeter und mehr. Auch diese sollen entschädigungslos verfallen.

Wie hätte die Agrarbehörde richtig entscheiden müssen?
Experte: Ein Sachverhalt, wie er sich beim „Larchwald“ der Mötzer Agrarier zugetragen hat, ist im Tiroler Flurverfassungsgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Freilich muss das Gesetz zugunsten der Mötzer Agrarier verfassungskonform interpretieren werden. Im Wege der Interpretation hätte man bei diesem Sachverhalt einen „atypischen Teilwald“ anerkennen müssen, wo abweichend vom schlichten, dem „typischen Teilwald“, trotz Aufhebung der Teilwaldgrenzen durch die Agrarbehörde, weiterhin alle Holznutzungen ausschließlich den Agrariern zustehen. Stattdessen hat man auf Enteignung der Holzerträge zu Gunsten der Ortsgemeinde Mötz entschieden.

Diese Entscheidung war „offenkundig verfassungswidrig“.


MP